Versichererverband fordert Fonds für Pandemiefolgen
Können privatwirtschaftliche Unternehmen die massiven Folgen einer Pandemie wie der derzeitigen versichern, ohne ihre Existenz aufs Spiel zu setzen? Diese Frage verneint der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Dessen Geschäftsführer Jörg Asmussen betont, dass der Risikoausgleich im Kollektiv – Grundidee einer Risikoversicherung– bei einer Pandemie nicht mehr funktioniere, da nahezu alle Versicherten betroffen seien. Weil die Versicherer dieses Risiko nicht allein schultern können, hat der GDV nun einen Vorschlag für einen öffentlich-privaten Katastrophenfonds vorgelegt, mit dem die wirtschaftlichen Schäden durch eine Pandemie wie Covid-19 abgefedert werden sollen. Er soll als rechtlich eigenständige Gesellschaft Kapital einsammeln und im Pandemiefall verteilen, was laut Asmussen „staatliche Ad-hoc-Hilfen teilweise ersetzen könnte“. Die Finanzierung soll entweder über Pflichtbeiträge der Unternehmen erfolgen, die dann im Fall der Fälle Pauschalen erhalten würden, oder über eine freiwillige Mitgliedschaft, deren Umfang von jedem Unternehmen gewählt werden könnte. Im Raum steht eine Summe zumindest „in niedriger zweistelliger Milliardenhöhe“.
Deutlich weniger Verkehrsunfälle, aber kaum weniger Todesopfer
Einzelne Kfz-Versicherer hatten den Trend bereits bestätigt: Die Zahl der Verkehrsunfälle ist bedingt durch den Corona-Lockdown erheblich zurückgegangen. Diesen logischen Effekt des forcierten Zu-Hause-Bleibens hat das Statistische Bundesamt nun konkret beziffert: Im April sank die Gesamtunfallzahl um rund 35 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat auf rund 144.500, den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. Ähnlich stark ging auch die Zahl der Verletzten zurück, nämlich um circa 33 Prozent auf etwa 21.000.
Bei den registrierten Unfällen kamen allerdings kaum weniger Menschen zu Tode als im Vorjahr, nämlich 236, was einem Minus von 3 Prozent gegenüber April 2019 entspricht. Über die Gründe kann man nur spekulieren.
Bremen verzeichnete bei den Unfällen mit Personenschaden mit –23,7 Prozent den stärksten Rückgang, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (–22,5) sowie Brandenburg und Bayern (beide –22,3). In Rheinland-Pfalz sank die Zahl dieser Unfälle hingegen mit –13,6 Prozent am wenigsten unter den Bundesländern.
Dividenden könnten um ein Drittel sinken
In früheren Zeiten wäre diese Nachricht ein Schock für die Anleger gewesen, doch für Pandemie-gestählte Ohren klingt sie nach all den jüngeren Hiobsbotschaften fast moderat: Laut einer Studie einer großen Vermögensverwaltungsgesellschaft müssen sich Aktionäre weltweit auf deutlich schmalere Dividendenzahlungen einstellen; um durchschnittlich 35 Prozent könnten die Unternehmen ihre Zahlungen an die Shareholder abschmelzen – je nach Branche und Region. Im Lichte der ersten Pleite eines DAX-Konzerns (Wirecard) erscheint eine kleinere Beteiligung an Unternehmensgewinnen sicherlich als verkraftbares Übel. Zumal es sich um das Worst-Case-Szenario handelt, im Best Case würde der Dividendenrückgang lediglich 15 Prozent betragen.
Deutsche Aktiengesellschaften stehen gemäß der Studie vergleichsweise gut da, wenn sie nicht aus einer der besonders von Corona betroffenen Branchen wie Luft- und Raumfahrt, Ölindustrie und Bergbau, Banken oder Bauwirtschaft stammen. Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich das Pandemiegeschehen entwickelt –
hierzulande wie in den wichtigen Abnehmerländern für deutsche Produkte.
Schadenshöhe durch Cyber-Angriffe sprunghaft gestiegen
Die Arbeit im Homeoffice ist in vielen Branchen zwangsläufig zum neuen Standard geworden – und wird es auch nach Corona in weiten Teilen bleiben. Damit sind zahlreiche Unternehmen und Selbstständige, aber auch Privatpersonen einem erhöhten Risiko durch Cyber-Angriffe ausgesetzt, denn die IT-Sicherheit ist am heimischen Arbeitsplatz in der Regel geringer als im Büro.
Das kann teuer werden: Laut einer jährlich durchgeführten Studie verbuchten deutsche Unternehmen zuletzt pro erfolgreiche Attacke einen Schaden von durchschnittlich 72.000 Euro. Das entspricht fast einer Versechsfachung gegenüber dem Vorjahreswert. Insgesamt 363 Millionen Euro fielen so binnen Jahresfrist bei 389 betroffenen deutschen Unternehmen an Schadenskosten an. An den explodierten Durchschnitts-Schadenssummen dürfte die bis zum Corona- Ausbruch gestiegene IT-Sicherheit ihren Anteil haben: Nur noch rund 41 Prozent der Angriffe waren erfolgreich (2019: 61 Prozent), ihre Qualität und ihr Schadenspotenzial dürften daher im Schnitt ebenfalls gewachsen sein.
Schutz vor diesem Risiko bieten Cyber-Versicherungen. Bisher hat aber nur rund jedes zehnte deutsche Unternehmen umfassenden Versicherungsschutz
abgeschlossen. Die Tarife beinhalten in der Regel auch gründliche Präventionsmaßnahmen.
Steigen die Versicherungsbeiträge durch die Corona-Folgen?
Auch die Versicherer haben unter den Folgen der Corona-Pandemie zu leiden: wegen erhöhter Schadensaufkommen bei der Betriebsschließungs-, der Veranstaltungsausfall- und der Rechtsschutzversicherung, aber ebenso wegen zahlreicher Vertragskündigungen seitens Kunden, die aufgrund von Liquiditätsengpässen ihre Beiträge etwa für die Altersvorsorge nicht mehr bezahlen können. Auf über 200 Milliarden US-Dollar taxiert der Londoner Versicherungsmarkt Lloyd’s die weltweiten Verluste für Versicherer. Hinzu kommt ein stark eingebrochenes Neugeschäft, woran auch die aktuelle Mehrwertsteuerabsenkung wenig ändern dürfte. Als Konsequenz daraus rechnen Branchenexperten mittelfristig mit steigenden Prämienhöhen. Zudem wird allgemein davon ausgegangen, dass Pandemie-bedingte Schäden demnächst in praktisch allen Versicherungsbedingungen ausgeklammert werden – zu unbeherrschbar ist das Risiko, wie sich gezeigt hat. Die
Versicherungswirtschaft schlägt als Alternative, wie an dieser Stelle bereits berichtet, einen privat-öffentlichen Pandemiefonds vor. Nur jeder 2. Deutsche fühlt sich für den Ruhestand gerüstet Lediglich 50,2 Prozent der Bundesbürger gehen davon aus, im Ruhestand über genügend finanzielle Mittel zu verfügen. Zugleich wollen aber nur 15 Prozent ihre private Altersvorsorge ausbauen. Dies ergab eine Civey-Umfrage unter 5.000 Personen.